Zimmer

"Wie meinst du das, 'er hat sich um sie gekümmert'? Hat er sie umgebracht? Das ist aber nicht nett", meinte Liloé und runzelte die Stirn. "Vielleicht hatten sie ja ihre Gründe. Die beiden könnten böse sein! Und ja, Katzen. Katzen sind böse."

"Ich bezweifle das...es scheint...dass die beiden von ihnen gejagt wurden. Und aus reiner Menschenkenntnis würde ich sagen, dass die beiden hier eher die Opfer sind. Ich kann es dir nicht begründen, falls du danach fragst. Es ist ein...Instinkt", entgegnete Kemyles.
"Ich hoffe einfach, dass du recht hast...", murmelte Ambra leise. Sie war sich bei alledem nicht sicher. Sie hatte ihr leben sehr behütet verbracht. Das schlimmste, was sie kannte, war eine Wirtshausprügelei. So schlimm wie die beiden hatte nie jemand dabei ausgesehen...nie hatte sie einen fast toten gesehen, nie hatte sie jemand sagen hören, dass er einen Mord begangen hätte - nicht einmal Kemyles und Dalaia die wohl beide schon getötet hatten, wie Ambra stark annahm. Es überforderte sie, sie wusste nicht mehr, was sie von den beiden halten sollte...doch in jedem Fall war sie froh, dass sie sicher und am Leben waren. Sie sollten ihre Geschichte erzählen, sobald sie wach waren, sollten alles erklären. Dann konnte die Kellnerin immer noch beschließen, ob ihnen noch zu trauen war oder nicht.

Die Stimmen wurden langsam immer lauter und klarer. Mittlerweile konnte ich sie auch unterscheiden, es waren Ambra's Stimme, Kemyles und die Stimme der kleinen Pixie. Mein Körper war taub, ich konnte mich keinen Millimeter bewegen. Langsam öffnete ich die Augen. Ich war nicht mehr in dem Versteck, aber ich wusste auch nicht, wo ich mich befand. Auch hatte ich keine Ahnung, wie ich hierher kam. Ich drehte den Kopf zur Seite und sah Kaito neben mir liegen. Er sah genauso zugerichtet aus, doch er schien noch bewusstlos zu sein. Ich wollte mich aufrichten, doch ein heftiger Schmerz durchzuckte meinen Körper und ließ mich wieder in das Kissen sinken.

"Bleib liegen, ich will nicht, dass die Wunden wieder aufgehen!", ermahnte Liloé ihn streng und flog direkt vor sein Gesicht. "Wie gehts dir? Tuts noch sehr weh? Was ist passiert? Wurdet ihr von großen Katzen angefallen? Seid ihr böse? Das wären so die schlimmsten Varianten. Und wer war dieser seltsame Typ? War DER bösE? Er klang anscheinend so, als hätte er wen umgebract, und dann ist er doch böse, odeR? Oder kennst du ihn? Woher? Hat er euch geholfen?"

Ich schaute die Pixie erstaunt an und lächelte dann. Ich war wirklich froh, sie zu sehen, doch als ich auf ihre Fragen antworten wollte, bekam ich kein Wort heraus. Alles was ich erzeugen konnte, war ein trockener Husten, was allerdings nicht verwunderlich war, immerhin habe ich seit einer geraumen Zeit kein Wasser mehr zu Gesicht bekommen.

Ambra erkannte das Problem, als sie sich aus ihrer Schockstarre löste und sich an seine Seite setzte. Vorsichtig nahm sie eines der Gläser, das sie vorbereitet hatte, füllte Wasser aus einer bereitstehenden Karaffe hinein und halb Akira behutsam dabei zu trinken, indem sie sanft seinen Kopf anhob und das Glas an seine Lippen führte.
"Vielleicht solltest du ihm nur eine Frage auf einmal stellen, Lil. Er ist immerhin noch nicht bei kräften", gab sie zu bedenken und war so erleichtert, dass es ihr fast unanständig kam, es offen zu zeigen.

"Vielen Dank", sagte ich zu Ambra und lächelte sie leicht an. Meine Stimme klang zwar immer noch sehr benommen, aber immerhin konnte ich überhaupt richtige Wörter produzieren, ohne dabei in einem Hustenanfall auszubrechen."Es geht mir für meine Verhältnisse gut, was ist mit Kaito?", sagte ich und schaute dann zu meinem Bruder. Er atmete ruhig, bewegte sich aber ansonsten auch nicht.

Ambra warf Akiras Bruder einen Blick zu und überprüfte erneut seine Temperatur.
"Er erholt sich noch, aber es wird ihm gut gehen, mach dir keine Sorgen. Ihr werdet beide gesund", versprach sie ihm leise und lächelte sanft. "Allerdings sollten wir euch langsam in das Anwesen bringen...Dalaia würde sich über Gerede nicht freuen, wenn eure Situation allgemein bekannt würde."

Ich nickte nur und richtete mich langsam auf.

Ambra drückte ihn sanft zurück in die Kissen.
"Wenn du versuchst, selbst zu gehen, werde ich dich höchstpersönlich bewusstlos schlagen", versprach sie ihm geduldig und Kemyles schmunzelte leicht.
"Das kommt davon, wenn man sich vorschnell verlobt. Das hast du jetzt davon", kommentierte er und obwohl er streng genommen scherzte, konnte Ambra eine leichte Ecke in seiner Stimme hören.
"Ich habe dir auch einiges zu erklären...später, in Ordnung?", bot sie an. Kemyles nickte nur mit seinem üblichen, freundlichen Lächeln und hob dann Kaito vorsichtig hoch und verließ mit ihm auf den Armen den Raum.
Nach mehreren Minuten kehrte er zurück und hob nun auch Akira vorsichtig hoch.
Glücklicherweise war er klug genug, sich nicht aus Stolz zu wehren und die Hilfe einfach anzunehmen, sodass er schnell nach draußen in die flammend rote Kutsche von Dalaia gebracht werden konnte und anschließend alle gemeinsam zum Anwesen aufbrechen konnten.

gt: Neutrale Zone, Wälder, Dalaias Anwesen (mit Kaito, Akira, Liloé und Kemyles)