Schankraum

"Och, da gibts viele Gründe... niemand weiß mehr ganz genau, wie es eigentlich angefangen hat, aber wir streiten um alles mögliche... teiweise, weil wir uns gegenseitig Gebiet und Nahrung wegnehmen, oder weil unsere Vorfahren schon mit ihnen gekämpft haben... momentan gibt es immer wieder Ärger, weil die Rasse der Feen im Rat nur vom Fairykönig vertreten wird und wir Pixies damit nicht einverstanden sind..."

"Ja, aber wieso dürfen das dann die Fairys machen und nicht die Pixies? Es ist doch unfair..." Sie zuckte mit den Schultern. "Mir kanns ja egal sein, aber es geht ums Prinzip..."

"Aber wenn ihr das dann macht, sind die Fairys sauer...da ist nie jeder glücklich", meinte ich dann.

Ambra runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
Nein, daran glaubte sie nicht. Sie glaubte, dass es immer eine Möglichkeit gab, um tatsächlich alle glücklich zu machen. Natürlich war das kompliziert, vermutlich so kompliziert, dass keine Rasse, außer vielleicht den antiken Drachen, sie verstehen oder gar ersinnen könnten, doch dass sie existierten - daran bestand für Ambra keinen Zweifel. Sie sah auch das Problem bei Pixies und Fairies als wenig kompliziert. Im Prinzip schien es, dass sie zwar zur selben größeren Gruppe gehörten, sonst aber vollkommen unterschiedliche Rassen waren - jede Rasse sollte ihren eigenen Representanten haben, also wieso nicht auch die Pixies?
...vielleicht war Ambra einfach zu naiv für so bedeutende Themen. Schließlich war sie nur eine Kellnerin und ihre Welt beschränkte sich auf ihre Stadt, ihre Wirtschaft und ihr Haus. Auf die Leute, die sie liebte und die Leute, die sie weniger mochte. Vielleicht wusste sie zu wenig, um alle Ausmaße zu verstehen. Doch für sie persönlich schien es einfach nicht so schwer zu sein
Sie sah auf die Uhr und lächelte.
"Meine Schicht wäre jetzt forüber. Also wenn Ihr gerne zu Dalaia wollt, kann ich Euch gerne zu ihr bringen."

"Wunderbar!", rief Liloé begeistert und fragte im nächsten Moment vorsichtig: "Darf ich mich auf deine Schulter setzen? Es ist lustig, bei Großen auf der Schulter zu sitzen, weißt du? Ihr wackelt so, wenn ihr geht... aber wenn du nicht willst, flieg ich einfach, es ist doch nicht weit zu Dalaias Haus, oder? Wohnt sie in der Stadt? Oder zumindest in der Umgebung? Und es ist denn wenigstens sicher, dass sie zuhause ist, oder nur wahrscheinlich?"

"Es ist absolut sicher, dass sie im Anwesen ist, wenn sie nicht hier ist...das Anwesen liegt im Wald versteckt...eine kleine Kutschenfahrt von hier entfernt. Und bis zur Kutsche kannst du auf jeden Fall auf meiner Schulter sitzten."
Sie stand auf und strich sich die Haare von einer Schulter, damit die Locken nicht störten und nickte der kleinen Pixie leicht zu, dass sie doch Platz nehmen solle. "Meine Schulter ist deine Schulter!"

"Eigentlich ist deine Schulter immernoch deine Schulter...und was sollte ich mit einer dritten Schulter anfangen? Ich hab selber zwei, und die haben bisher gereicht", entgegnete die Pixie irritiert, flatterte jedoch zu Ambra und setzte sich. "Wenn du mir dagegen einen dritten Arm zaubern würdest, wäre das sehr nützlich. Drei Arme! Was man damit alles machen könnte! Arme sind so viel nützlichere Körperteile als Schultern, findest du nicht?", plapperte sie fröhlich vor sich hin und rief Kayo noch zu: "Auf Wiedersehen!", bevor sie weiter auf Ambra einredete. "Drei Füße wären auch noch ganz in Ordnung, aber es wäre doch sehr kompliziert, damit zu gehen. Und zwei Köpfe! Das wäre großartig. Mit zwei Köpfen könnte man zwei Konversationen gleichzeitig führen, und falls man allein ist könnte man mit sich selbst reden, ohne dass es langweilig wird."

Ambra lachte und ging, als die Nachtschicht sie ablöste, nach einem Abschiedsgruß an Kayo durch den Hinterausgang zur Kutsche. Die Kutsche hatte sich gerade in Bewegung gesetzt, als Ambra doch tatsächlich mal zu Wort kam:
"Weißt du...Dalaia erzählt manchmal Geschichten im Wirtshaus...sie hat auch mal von einem Volk mit mehrköpfigen Menschen erzählt. Jeder hatte mindestens zwei und maximal fünf Köpfe. Wenn du Glück hast erzählt sie dir ja mal davon."

gt: Dalaias Anwesen (mit Liloé)

Ich ging direkt zu Tomara nachdem ich mich von der kleinen Fee verabschiedet hatte. Aber als ich mich zu ihm setzte bemerkte ich schnell, dass er eingeschlafen war. Ich war mir sogar ziemlich sicher. Wenn er wach wäre würde er mir sofort Vorwürfe machen, weil ich zu spät war. Aber er war still und bewegte sich kein Stück. Aber weil sein Gesicht im Schatten nicht zu erkennen war, sah es so aus als würde er noch alles beobachten.
Ich überlegte nicht lange, ob ich ihn aufwecken sollte oder nicht und schubste seine Füße vom Tisch. Er erschrak sehr und war drauf und dran mich dafür anzubrüllen. Aber er tat es nicht, doch ich wusste wie sauer er war. Es war irgendwie lustig ihn zu ärgern.
"Hör mal, heute wird das nichts mehr. Du schläfst ja selbst schon ein und ich bin genauso müde", erklärte ich ihm ruhig. Bevor er wütend werden konnte drückte ich ihm jedoch noch einen kleinen Beutel mit Münzen in die Hand "Heute geht dein Trinken auf mich. Sie es als eine Art Entschuldigung", sagte ich ihm grinsend. Ohne, dass er auch nur ein Wort sagen konnte, ließ ich ihn wieder zurück und wank ihm nur zum Abschied.

Ich grinste den beiden noch zum Abschied zu und ging dann hoch in mein Zimmer. Ich war eigentlich noch gar nicht müde, doch ich wusste irgendwie, dass es nur den Anschein hatte. Eigentlich war es ein sehr langer und anstrengender Tag gewesen, den ich mal langsam beenden sollte.

cf: Dalaias Anwesen

Ambra trat ein und wurde nicht enttäuscht. Es war ein reines Chaos. Offenbar hatte man gestern Abend noch ausgelassen gefeiert...Pfützen aus Bier auf dem Boden...umgerissene Stühle und Tische...ein schrecklicher Gestank...
Es hätte sie nicht gewundert, den ein oder anderen Betrunkenen zu finden, doch sie hatte Glück - es waren gestern Abend alle gegangen.
Mit einem leisen Seufzen machte sie sich an die Arbeit und erwog, Dalaia um eine Gehaltserhöhung und mehr Angestellte zu bitten.

Nachdem ich von den ersten Lichtstrahlen, die in mein Gesicht schienen, aufgewacht bin stand ich sofort auf und streckte mich nur, bevor ich schon runterging, um mir mein Frühstück zu holen. Ich war mir zwar nicht sicher, ob so früh schon jemand da war, doch ich wollte es einfach mal versuchen.
Als ich die Treppe hinunterging hörte ich schon jemanden, der im Schankraum aufzuräumen schien. Ich sah, dass es Ambra war, kurz nachdem ich den RAum betreten hatte. Ich hatte mir das Chaos um einiges schlimmer vorgestellt, denn der Krach war noch lange zu hören gewesen, auch nachdem Ambra gegangen war. Das hatte mich allerdings nicht wirklich am schlafen gehindert. Im Gegenteil. Es wirkte irgendwie beruhigend auf mich, wenn ich die Personen um mich herum hörte. Ich setzte mich an den selben Platz, an dem ich auch gestern gesessen hatte und begrüßte Ambra mit einem fröhlichen "Guten Morgen!"

Ambra strich sich die verschwitzten Locken aus dem Gesicht und lächelte Kayo freundlich an, erwiderte den Gruß aber nur mit einem Nicken. Bei der Arbeit sprach Ambra jeher wenig - sie konzentrierte sich gerne auf das was sie tat und tat es dafür mit größter Sorgfalt. Ihre Hände arbeiteten nach so langer Zeit zwar schon wie von selbst, doch das hinderte die Kellnerin nicht daran, auf Ordnung zu achten. Als sie den Boden fertig gewischt hatte, nahm sie ihren Platz hinter dem Thresen ein.
"Soooo...was darf ich dir zum Frühstück bringen?", erkundige sie sich.

Ich überlegte kurz, aber eigentlich war es mir ja völlig egal. Ich wollte nur etwas zu beißen. "Irgendwas...was ihr halt da habt", antwortete ich dann lächelnd. "Hast du hier jeden Morgen so viel Arbeit?" Ich sah mich nach der Frage kurz um und bemerkte, dass nicht mehr vom Chaos übrig war. Wahrscheinlich nicht einmal ein Staubkorn hatte überlebt. Ambra arbeitete anscheinend wirklich gerne in diesem Gasthaus, auch wenn es anstrengend zu sein schien.

Ambra lachte.
"Nein, nein. Aber gestern Abend war hier besonders viel los. Und normalerweise übernimmt Dalaia solche Arbeiten immer, sie macht hier sehr viel...also das hat sie zumindest immer. Doch derzeit hat sie alte Freunde zu besuch und hat daher keine Zeit für ihr Wirtshaus. Und es gibt noch ein anderes Mädchen Nea, die hier auch mithilft. Wir teilen uns die Schichten. Allerdings hat sie immer wieder Probleme mit ihren Liebhabern...das macht vieles komplizierter", seufzte Ambra und gab ihrem Gast Brot, Butter, Wurst, Käse, frische Marmelade und ein Messer auf einem Holzteller. "Aber ich gerate ins Schwafeln. Willst du noch was zu trinken?"

"Ja gern", meinte ich grinsend und wand mich dann wieder dem Thema zu "Also arbeitest nicht nur du hier als Kellnerin?"

Ambra schüttelte vehement den Kopf.
"Nein, nein. Das wäre viel zu viel, das kann eine einzige Person niemals schaffen!...aber es ist trotzdem zu wenig. Wir brauchen unbedingt mehr Arbeitskräfte. Jemanden, der dauerhaft die Bar besetzt und genug Kellner, damit immer zwei oder drei pro Schicht eingeteilt werden können."Sie seufzte leise und gab Kayo ein Glas Wasser.
"Hast du gut geschlafen?"

"Ja das wäre wohl besser", meinte ich dann schulterzuckend. Ich verstand davon nicht wirklich viel und wollte gerade auch nicht so tun als ob. Ich nahm nun das Glas Wasser und nahm ein paar Schlucke daraus. Das Essen hatte ich bisher noch gar nicht angerührt. Aber das holte ich nun nach und fing an zu essen.

Ambra betrachtete ihren Gast wieder einmal mit jener Neugier, mit der sie auch Liloé gemustert hatte - eine Rasse, über die sie wenig wusste und die sie zuvor nie gesehen hatte.
Sich an die Regeln des Anstands erinnernd, riss Ambra sich von diesem Anblick los, holte Holzpolitur hervor, und begann den Thresen um Kayo herum zu säubern und verschönern.

Ich lachte auf "Du brauchst nicht zu denken, dass ich nicht merke, wie du mich beobachtest", meinte ich dann amüsiert "Ich habe nichts dagegen...Ich bin bei euch ja auch nicht gerade anders."

Ambra errötete leicht und lachte dann.
"Wird es dir denn gar nicht lästig? Ich meine...du wirst doch wahrscheinlich überall, wo du auf Land hingehst immer nur angestarrt wirst...ich könnte das ja nicht ertragen."

"Nicht wirklich. Man gewöhnt sich eben dran", meinte ich grinsend und aß weiter.

Ambra beantwortete das mit einem freundlichen Lächeln und machte sich dann wieder an die Arbeit.
Sie hatte genug zu tun. Während der Wartungsarbeiten kamen nach und nach mehr Gäste und die wollten natürlich bedient werden, also war sie bald bestens beschäftigt und konnte leider nicht länger auf Kayo achten.