Schankraum

Ich aß mein Essen auf und setzte mich dann mit dem Rücken zur Bar auf den Stuhl, sodass ich den Raum beobachten konnte. Ich beobachtete wirklich gerne das Treiben der Menschen. Sie waren meistens freundlich zueinander und es gab nur selten Prügeleien. Das war schön mal nicht kämpfen zu müssen. Aber irgendwie vermisste ich es auch. ich war eben damit aufgewachsen und es machte mir Spaß. Das war wohl auch der Grund dafür, warum es bei den Fischmenschen kaum Frieden gab. Wir lebten schließlich um zu kämpfen.
Ich saß nicht besonders lange einfach so da und betrachtete die Leute. Nach kurzer Zeit ging ich schon wieder nach oben und suchte mein Bild von Kuron und ging wieder nach unten in den Schankraum. Dann begann ich die Leute zu fragen ob sie ihn irgendwann gesehen hätten. Eigentlich hatte ich ja vorgehabt mich mal in der Stadt umzusehen und dort rum zu fragen, aber das hatte ich nun auf den Nachmittag verschoben.

cf: Wälder, Waldwege (mit Akira)

Es war ein schönes Gefühl, die Stufen zum Eingang des Wirtshauses hochzusteigen und endlich wieder in den vertrauten Schankraum zu treten.
In den fünf Jahren hatte sich nichts verändert. Jeder Tisch, jeder Stuhl, alles hatte noch immer seinen angestammten Platz. Es lag noch immer eine Mischung aus Zitrone, Alkohol und Staub in der Luft und die altbekannten Stammtische waren immer noch mit den selben Leuten besetzt - ein paar erkannten Kemyles sogar und nickten ihm kurz zu.
Als sein Blick zur Bar wanderte, erstarrte er kurz.
Es hatte sich doch etwas verändert.
Vor fünf Jahren, als er gegangen war, war sie 14 Jahre alt gewesen und hatte eine entsprechende Figur gehabt.
Nun aber war sie eine attraktive junge Frau, die wahrscheinlich kein Mann von der Bettkante gestoßen hätte - vor allem, da sie durch und durch ausstrahlte, dass kein Anwesender es wert war, auch nur bis zur Kammertür zu kommen.
Sie wirkte auch selbstbewusster als das freche Gör, das sie vor Jahren gewesen war. Und sie war wütend. Als sie Kemyles sah schossen ihre Augen förmlich blitze und einen Moment lang war der Kommandant froh, dass sie nicht die Kraft der Greife hatte - sonst hätte sie ihn wohl in der Luft zerrissen.
Stattdessen machte sie auf dem Absatz kehrt und stürmte in die Küche. Irritiert runzelte Kemyles die Stirn, doch ehe er es sich versah, stürmte sie mit einer schweren, gusseisernen Pfanne wieder zurück in den Schankraum auf ihn zu. Kemyles war so überrascht, dass er nicht reagieren konnte, als sie ihm die Pfanne über den Kopf zog.
KLONG!
Kemyles Kopf schmerzte, doch das reichte Ambra offensichtlich nicht. Wieder und wieder holte sie aus und schlug auf ihn ein.
Das kleine Mädchen vor Augen, das sie bei ihrem letzten Treffen gewesen war, vermochte Kemyles nicht einmal, sich zu wehren.

Ich trat nach Kemyles in das Wirtshaus ein und reagierte dementsprechend auch langsamer, als ich es hätte tun sollen. Als die junge Frau nun zum vierten Male ausholte, stellte ich mich schnell dazwischen und hielt ihre Arme fest. Zwar durchschoss mich sofort ein stechender Schmerz, aber ich ließ mir nichts anmerken und lächelte sie stattdessen an. "Ich weiß zwar nicht, welche Beziehung Sie, meine werte Dame, zu diesem Herren haben, aber er hat mir das Leben gerettet, würden Sie also so gütig sein und sein Leben verschonen?", fragte ich sie, immer noch lächelnd.

Ambra:
Ambra sah den Fremden erstaunt an.
Eigentlich war ihr danach, den Fremden solange zu schlagen, bis er zusammenbrach und dann wieder auf Kemyles einzudreschen. Allerdings vermutete sie, dass sich das für eine Dame nicht gehörte. Abgesehen davon waren beide Männer wahrscheinlich besser im Kampf ausgebildet als sie selbst und nur die Höflichkeit der beiden würde sie vor einer kolossalen niederlage ersparen.
Dementsprechend ließ sie die Pfanne sinken und ließ ihre Schultern kreisen.
"Sie sind ein ausgesprochener Idiot", erklärte sie dem Fremden höflich. Es lag kein Angriff in ihrer Stimme, sie lächelte sogar mit einer kalten Distanz, die ihre Augen, in denen noch immer ein wütendes Feuer brannte, nicht erreichte.


Kemyles:
Kemyles hielt sich  den Kopf.
Selbstverständlich waren Greifenknochen härter und stärker als die von Menschen - aber die Pfanne hatte ihn trotzdem ganz schön mitgenommen.
"Ich war wohl länger weg , als ich dachte. Damals konntest du noch keine Pfanne heben und warst hässlich wie die Nacht. Aber auch noch höflicher."
Normalerweise wäre er höflicher gewesen. Allerdings hatte er nun eine leichte Gehirnerschütterung - sein Anstand leidete minimal darunter.

Ich nickte lächelnd. "Mag sein, aber ich bin ein dankbarer, ausgesprochener Idiot", erwiderte ich. Es machte mir nichts aus, wenn mich jemand beleidigt, im Gegenteil, ich fand es amüsant, wie schnell Leute sich ihre eigene Meinung bilden konnten, ohne dich auch nur ansatzweise zu kennen.

<--- Dalaias Anwesen

Liloé hatte eine gefühlte Ewigkeit für den Weg gebraucht. Zunächst hatte sie nicht aus dem Wald herausgefunden und dann war sie wieder in der Stadt gelandet, deren Häuser für sie nach wie vor alle gleich aussahen. Nach eine Weile hatte sie es geschafft, zum Wirtshaus zurückzukehren, und setzte sich auf einen Dachbalen, um sich auszuruhen und die Gäste zu beobachten. Sie hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass Ambra mit einer Pfanne auf den Mann losging, der gerade hereinkam. Nachdem sich die Situation etwas beruhigt hatte und sie nicht mehr befürchten musste, von herumschwingenden Pfannen getroffen zu werden, flatterte sie nieder und fragte neugierig und ein wenig irritiert: "Begrüßt ihr euch immer so?"

Ambra lachte.
Sie wusste nicht wieso, doch schon der Anblick der kleinen Pixie hob ihre Laune ins unermessliche.
"Um Gottes Willen...nein..." Sie warf Kemyles einen giftigen Blick zu. "Das hier ist übrigens KEMYLES. Sagt dir der Name was, Liloé?"


Kemyles:
Der Greif musterte die kleine Pixie nervös.
Er wusste, dass man diese kleinen Gestalten keinesfalls unterschätzen durfte. Tatsächlich hatten sie ihm schon immer Angst gemacht. Er sprach nie darüber, denn natürlich wurde man für solche Ängste ausgelacht....doch die Vorstellung, dass eine Pixie mit ihrer winzigen Statur überall eindringen könnte und dann tödlichen Staub streute...Kemyles lief es unwillkürlioch kalt den Rücken hinunter.

Ich trat nun etwas zur Seite, da die eigentliche Gefahr vorrüber war und ich somit wieder aussteigen konnte, um alles von der Seite aus zu beobachten.

Liloé runzelte die Stirn. "Ist das nicht der Typ, der Dalaia hat sitzenlassen? Du passt sogar auf die Beschreibung", stellte sie erfreut fest. "Erfreut, dich kennenzulernen, Kemyles. Und warum hast du ihn mit der Bratpfanne geschlagen, Ambra? Ist das...ein Ritual oder so? Wolltest du böse Geister vertreiben? Ich hab mal einen Magier gesehen, aber der hat dazu Kräuter benutzt.... und das sah wesentlich angenehmer aus..."

Ambra:

Die Kellnerin seufzte leise.
"Ich habe ihn geschlagen, weil er es verdient hatte, Liloé. Er hat Dalaia fertig gemacht."
Als hätte sie sich selbst damit ein Stichwort gegeben, wirbelte Ambra wieder zu Kemyles.
"Was fällt dir eigentlich ein?! Du machst ihr einen Antrag und haust am nächsten Tag sang - und klanglos ab! Nichtmal einen kurzen Brief hast du ihr hinterlassen! Sie ist in ihren Grübeleien förmlich ertrunken, Kemyles! Und während du durch die Welt gereist bist und dich vermutlich mit irgendwelchen Dirnen vergnügt hast, hat sie auf dich gewartet! Keinen anderen Mann hat sie angesehen! Glaub mir, ich hab versucht sich mit anderen zu verkuppeln aber sie LIEBT dich! Und du hast sie einfach verlassen! Du GOTTVERDAMMTES Arschloch!!! Nur damit dus weißt - ich hätte dich tot geschlagen, wenn dein neuer kleiner Freund nicht gewesen wäre. Und es wäre immer noch besser, als alles, was du verdient hättest! Du hättest dich glücklich schätzen können! Und weißt du was das schlimmste ist? Du hast ihr Herz gebrochen. Sie liebt dich aber immer noch. Kein schlechtes Wort darf auf dich kommen! Und wenn doch - dann wird sie sauer, aber richtig. Und wenn du wieder zu ihr gehst, wird sie dich wahrscheinlich sogar zurücknehmen und das, obwohl du ihrer in keiner Hinsicht würdig bist! Du bist erbärmlich - ich HASSE dich!", schrie sie ihm ins Gesicht wirbelte erneut herum und rannte in die Küche - nicht in der Lage, Kemyles weiter anzusehen.


Kemyles:

Der Greif starrte ihr sprachlos hinterher. Viel zu spät wurde ihm klar, dass er sie auch verletzt hatte.
Nach dem Tod ihres Vaters, hatte Kemyles viel mit ihr unternommen und war so etwas wie ihr großer Bruder geworden. Und er hatte sie einfach im Stich gelassen. Ein 14 - jähriges Mädchen.

Ich legte ihm nur schweigend meine Hand auf die Schulter. Genau das gleiche, wenn nicht schlimmer, erwartet mich auch noch.

"Wow, sie mag dich wirklich nicht...", stellte Liloé fest, hin und hergerissen zwischen dem Bedürfnis zu lachen und ihn zu verpixen. Schließlich entschied sie sich dafür, erstmal friedlich zu bleiben und fragte: "Und wer bist du? Gibt's irgendwen, der auf dich mit einer Pfanne losgehen wird? Denn wenn dem so ist, will ich es unbedingt sehen, das ist lustig."

"Vielleicht nicht unbedingt mit einer Pfanne, aber angegriffen könnte ich schon werden. Ich heiße Akira", antwortete ich der kleinen Pixie.

Kemyles wusste nicht so recht, was er mit sich anfangen sollte, deshalb tat er das einzige, was er wohl noch konnte.
"Ich werde jemanden schicken lassen, damit die Heilerin kommt, Akira. Allerdings werde ich erstmal nicht bei dir bleiben. Ich nehme mir ein Zimmer und hole Schlaf nach", erklärte Kemyles ruhig.

"Solltest du nicht erst versuchen, Dalaia zu finden, daran scheitern und DANN schlafen?", bemerkte Liloé kritisch. "Immerhin seid ihr verlobt. Da sucht man doch zuerst seinen Lebensgefährten... vorausgesetzt, du bist deshalb hier, wovon ich einfach mal ausgehe, und du liebst sie noch, wovon ich ebenfalls ausgehe..."

"Du hast bereits genug für mich getan, vielen Dank", sagte ich zu Kemyles und löchelte ihn dankbar an.

Kemyles seufzte leise.
"...wieso würde ich denn scheitern? Ist sie nicht bei sich Zuhause?"

"Nein, ist sie nicht. Sie istheute früh aufgebrochen, zum Zwergenkönig, glaube ich, und inzwischen sind sie und ihre zwei Begleiter vermutlich über alle Berge", berichtete die Pixie fröhlich. "Reist du ihr jetzt hinterher?"

Der Greif erwog diese Option, doch dann schüttelte der den Kopf.
"Sie plant sehr sorgfältig...wenn ich ihren Plan aus dem Gleichgewicht bringe, nützt das niemandem etwas. Vermutlich ist es das beste, wenn ich die paar Tage auf sie warte....sie hat immerhin mehrere Jahre auf mich gewartet", seufzte er leise.
Dann ging er um den Tresen, trug seinen eigenen Namen in das Verwanltungsbuch ein und legte einen viel zu hohen Geldbetrag in die Kasse.
Dann ging er zum Stall und schickte den Kutscher - der ihn böse anstarrte - los, um Xea zu holen.
Als all das erledigt war, ging er ohne ein weiteres Wort in das Zimmer, das er gezahlt hatte und legte sich, zum ersten Mal seit Tagen, schlafen.

gt: Neutrale Zone, Caras, Wirtshaus 'Zum tanzenden Greif', Zimmer

"Kleine Lady, kennst du die Namen der Begleiter von Dalaia?", fragte ich nun die Pixie.

Ambra kam gerade wieder in den Schankraum.
Ihre Augen hatten rote Ränder und brannten, dank der vergossenen Tränen.
"Shin und Kaito", antwortete sie für die Pixie.

Mein Atem stockte kurz. Ich hatte ihn also verpasst.

Ambras Augen verengten sich.
[coolor=#990000]"Was willst du von den beiden?"[/color], fragte sie misstrauisch.

"Kaito ist mein Bruder, ich bin auf der Suche nach ihm", antwortete ich wahrheitsgemäß.

Ambra verschränkte die Arme vor der Brust.
"Du kannst mir alles oder nichts erzählen", erklärte sie trocken. "Auch Halbwahrheiten sind Lügen - und komm mir nicht mit 'Aber du hast nicht nach mehr gefragt.' denn das habe ich. Ich habe gefragt, was du von ihm willst. Und ich will IMMER genaue Antworten haben."
Damit ging sie wieder hinter den Tresen.